ELECTRIC INFINITY VIII

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ELECTRIC INFINITY VII

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    Minimaler Himmel

    V/A: Tour De Traum (thomas brinkmann mix) (Traum Schallplatten/Kompakt)

    Eine der schönsten Nächte meines Lebens verbrachte ich am 11.08.2001 in der Roten Flora/HH, die Veranstaltung, deren Flyer liebevoll aufbewahrt an jedem Ort, an dem ich residiere, einen Ehrenplatz, nämlich in Sichtweite, bekommt, hiess:

    „total destruction the only solution“

    Darauf ein grobkörniges Bild einer zerstörten Front einer Gucci-Filiale, meines Wissens entstanden in Genua 2001, als es bei den Versuchen, Gegen-demonstrationen von Globalisierungskritikern bezüglich des Wirtschaftsgipfels G 8 zu verhindern, zu Ausschreitungen und Gewaltakten in bis dato nicht gesehener Form gab, was unter anderem einen Toten forderte.

    Musik als Stellungnahme zur Wirklichkeit, damit wir uns nicht verlieren in hedonistischen Illusionen, die uns zu Konsumenten und Mitspielern machen, unsere Blasiertheit eine un-, bestensfalls halbbewusste, gebrandmarkt mit dem Bannwort „Markenbewusstsein“ gönnen wir uns den Luxus, in einer Welt zu leben, in dem die Bezeichnung für unsere Jacke mehr gilt als unser Name, in der unsere Sorge des Tages die ist, den adäquaten Bettbezug für unsere uns widerspiegelnde Inneneinrichtung zu erwerben, in der die Zigarette, die wir rauchen, Ausdruck unserer Persönlichkeitskonstituierung ist.

    Wir definieren, also kaufen wir.

    Wir gestalten unsere Oberflächen, geben uns Koordinatensystemen und Termi-nologien hin, Rastern und Scannen, Persönlichkeit als Reduktion auf ein Soll & Haben-Konto.

    Glatt, eben und austauschbar wie die Tanzflure, auf denen wir uns bewegen, die Spuren der Gummierung unserer Schuhe Relikte des Verbrauchs einer Nacht ohne Gedanken.

    Traumlos gleiten wir in die Woche, unsere Bedürfnisse werden uns spätestens im nächsten Halbschlaf mitgeteilt werden, Konsumwechsel, Links in Magazinen, auf den Schirmen, wechselnde Banner ersetzen das Stroboskop.

    Wir glauben wir wollen also konsumieren wir.
    24-7.
    Ein möglicher Gegenentwurf ist Minimal.

    Dial hat es vorgemacht. Seinerzeit in der Roten Flora, die der bestmögliche aller Orte für Minimal ist, entfaltete sich ein friedlich aufbegehrender Geist jenseits von Brainwash und Szeneinzestitation, die subversive Kraft, die Minimal in sich trägt, war zu spüren. Der hedonistische Protest. Gemeinsam feiern und tanzen ist das Gegenteil von Krieg und Ausbeutung, auch von Gewaltterrorismus.

    Nicht jeder Musik ist es vorbehalten, diese Kraft in sich zu tragen, der Grat ist ein minimaler. Auf der einen Seite liegt das Joch der Verkopfung, die Mathematik, auf der anderen der Schlund der Belanglosigkeit, die Hölle der Wirkungslosigkeit.

    Auf oben erwähntem Flyer findet man die Namen dial, hakeem, parfüm, reis, kompakt, ladomat.

    Ich möchte einen Stift nehmen und traum hinzufügen.

    Auf Tour De Traum kompiliert Thomas Brinkmann eine Diagonale durch die Traumwelten, nein, keine Gerade, mehr eine Kurve, (ein auffallender Faden auf den altherkömmliche Mustern unserer Polster, so das Cover), die dem Schlingern des Rheins auf seinem Weg in den Zürichsee entspricht...

    Die Brücken will ich Minimal nennen, sie verbinden, sie geleiten an ein vielschichtig hellhöriges Ufer.

    Diese Musik ist Stellungnahme. Sie gratwandert jenseits numerologischer Kälte, diesseits unterkühlter Sextase in eine spezielle Ästhetik, in der Musik und Wahrnehmung ein klar-waches Bewusstsein deckungsgleich zum Tanz entstehen und Erneuerung spüren lassen.

    Wir sind nicht allein in dieser Welt. Was wir wahrnehmen, entspringt uns. Wir sind nicht die einzigen. Unser Kampf ist ein spezieller. Wir verkünden Bewegung, wir vergeben eine Stimme, verleihen Klang. Wir tragen einen Namen.

    Momente, in denen elektronische Tanzkultur nicht Flucht vor der Wirklichkeit ist, sondern ästhetische, demonstrative Stellungnahme zu/in ihr.

    Klar (bis auf) den Grund sehen in der Tiefe. Der minimalste gemeinsame Nenner dieser Traumlandschaft. Minimalhimmel ist ein-Klang.

    Unaufdringlich wirkt er immer tiefer, entfaltet sich wunderbar subversiv, lässt das Hirn tanzen und die Beine träumen.
    '
    Traum macht wach! Welch ein Geschenk an uns zu erweckende Feiernde, die man uns nicht mit Worten für die Welt interessieren kann, nur mit Musik.Diese zur richtigen Zeit am richtigen Ort kann Leben verändern, fördern.

    Kann Leben retten.

    Bitte, tanzt diesen Traum!

    (myc31)